Marburger Schachtage – Nachlese 1

Die Schachtage sind Geschichte. Mit 208 Teilnehmern aus 16 Ländern und einer beeindruckenden Resonanz hat sich das Event in seiner zweiten Auflage fest in der hessischen Schachszene etabliert und gewinnt auch auf nationaler und internationaler Ebene immer mehr an Ansehen.

Im bewährten Turniermodus, bestehend aus sieben Runden im Schweizer System und einer Aufteilung in ein A- und B- Turnier, zog das Event wieder viele Schachbegeisterte nach Marburg.  gelang es wieder viele Leute nach Marburg zu locken. Das A-Turnier war dabei besonders hochkarätig besetzt, mit vier Großmeistern und drei Internationalen Meistern, die wir für die Teilnahme gewinnen konnten.

Auf Platz 1 der Setzliste stand der 30-jährige ukrainische Großmeister Vitaliy Bernadsky mit einer ELO-Zahl von 2530. In seiner Juniorenzeit war er bis auf Platz 18 der Juniorenweltrangliste aufgestiegen, und auch heute gehört er zu den besten 400 Schachspielern weltweit.

Vitaliy kam direkt aus Pavlodar, Kasachstan, wo er ebenfalls an einem Open teilgenommen hatte, nach Marburg und reiste anschließend weiter nach Tschechien, um an den Mannschaftsmeisterschaften teilzunehmen. In den letzten Jahren war er auch viel in Deutschland aktiv und spielte für den SV Hofheim in der 2. Bundesliga. Dieses Jahr wird er sich jedoch mehr auf Asien konzentrieren und daher nicht mehr für Hofheim antreten können. So sieht also der Reiseplan von einem engagierten Schachprofis aus.

An zweiter Stelle der Startliste rangierte GM Hagen Poetsch mit einer Elo-Zahl von 2490. Als Titelverteidiger reiste er mit dem Ziel an, seinen Erfolg vom Vorjahr zu wiederholen. Auch Hagen ist ein äußerst aktiver Spieler: Die Marburger Schachtage sind bereits sein drittes Turnier im Oktober. Bei den Hessischen Einzelmeisterschaften und beim Sparkassen Open in Lautertal belegte er jeweils den zweiten Platz. Seit Jahren spielt er für den hessischen Verein SV Heusenstamm in der 2. Bundesliga bzw. Oberliga und hat dabei schon des Öfteren die Klingen mit Spielern der ersten Marburger Mannschaft gekreuzt.

Nummer drei auf der Rangliste war der tschechische GM Vojtech Plat, der mit einer Elo-Zahl von 2488 als starker Konkurrent ins Turnier ging. Plat kam nicht allein: Mit ihm reisten seine Schachfreunde, die IMs Vojtech Zwardon (Elo 2442) und Jakub Pulpan (Elo 2392). Die drei bildeten ein eingespieltes Team und sorgten durch ihre starke Präsenz für zusätzliches internationales Flair im Turnier. Gemeinsam mit Vitaliy Bernadskiy mieteten die vier eine Ferienwohnung in Moischt und hatten dort nach eigener Aussage eine angenehme Zeit, die sicher nicht nur von Schachanalysen geprägt war.

Besonders erwähnenswert ist der 23-jährige indische IM VS Rathanvel, der ebenfalls schon einmal unter den TOP 100 der weltbesten Junioren stand. Aktuell ist Rathanvel auf Europatour und spielte vor Marburg bereits beim Open in Lautertal, das er knapp vor Hagen Poetsch für sich entschied. Gleich nach Marburg ging es für ihn weiter nach Amsterdam, wo das nächste Turnier auf dem Plan stand. Für Rathanvel ist diese Tour eine großartige Gelegenheit, Europa kennenzulernen – besonders wenn man sich das Reisebudget durch Preisgelder bei Schachturnieren aufbessern kann.

 

 

Last but not least in der Reihe der GMs und IMs ist das „Urgestein“ GM Oleg Korneev (Elo 2454), der in den letzten Jahren schon auf zahlreichen deutschen und europäischen Open gespielt hat. Zu seinen besten Zeiten gehörte Oleg, der mittlerweile für Spanien spielt, zu den erlauchten Kreis der 2600er und er war Anfang der 2000 Jahre mehrmals unter den TOP-100 Spielern weltweit. Als Mittfünfziger wollte er zeigen, dass er noch immer mit den „jungen Leuten“ mithalten kann.

 

Doch nun zum Verlauf des Turnieres.

Wie im Schweizer System oft der Fall, gab es auch bei uns in den ersten Runden nur wenige Überraschungen. Nach drei Runden waren noch alle sieben Titelträger sowie Richard Zienert, der am ersten Brett für den SK Marburg spielt, ungeschlagen. In der vierten Runde kam es dann zum ersten Duell der Titelträger untereinander: Bernadskiy besiegte Korneev in einer positionell geführten Partie. In der Diagrammstellung unterschätzte Korneev die mit 20…f6? entstehende Schwäche auf e6. Bernadskiy brachte dieses Feld mit 21. Lh4 b5 22.f5! unter seine Kontrolle und Korneev musste nach 22…Kh8 23.Se6 Txe6 bereits die Qualität geben.

Runde fünf war eine eher friedliche Runde, in der die meisten Titelträger untereinander remis spielten. Einzig Hagen Poetsch konnte sich durchsetzen und besiegte das 13-jährige Ausnahmetalent Hussain Besou aus Lippstadt. Besou, der bereits den Titel eines FIDE-Meisters trägt, beeindruckt mit einer Elo-Zahl von 2350 – eine außergewöhnlich hohe Wertungszahl für sein junges Alter. Poetsch lies sich auf kein taktisches Spiel ein und zeigte seine Erfahrung gegen den talentierten Nachwuchsspieler.

 

In Runde sechs gab es die folgenden Spitzenpaarungen:

 

Während Rathanvel und Poetsch sich schnell auf ein Remis einigten, gab es an den anderen Spitzenbrettern Entscheidungen, die für die Protagonisten entweder die Hoffnung auf den Turniersieg festigten oder sie von diesem Ziel entfernten. Das Nachwuchstalent Phillip Mester aus Hofheim hatte es mit Bernadskiy zu tun und wurde von diesem allerdings positionell souverän überspielt. Mester konnte dem Druck des ukrainischen Großmeisters nicht standhalten und musste sich geschlagen geben.

Der Marburger Johannes Dorst übersah gegen Vojtech Zwardon eine Abwicklung in ein für den tschechischen IM gewonnes Turmendspiel mit 36…Txf4! 37.Sxf4 Sxf4 38.Kf3 Sxe2 39.Kxe2 Tf4!.

 

 

Damit gab es vor der letzten Runde den folgenden Tabellenstand:

Vitaly Bernadsky führte mit 5.5 Punkten vor fünf Spielern mit 5 Punkten. Alle 6 mussten untereinander spielen. Nun kam es zu etwas was man häufiger auf Open sieht. Vier der Verfolger einigten sich relativ schnell auf remis, was für alle einen Platz im Preisgeld bedeutete. Damit war der Weg frei für Bernadsky sich mit einem Remis gegen Hagen Poetsch den alleinigen Turniersieg zu sichern. Bernadskiy verteidigte sich mit der Berliner Verteitigung, die zurecht als Remiswaffe gilt. So war es nicht erstaunlich, dass die Schlussstellung für keinen der beiden mehr Gewinnchancen bietet und auch diese  Partie friedlich endete.

 

 

 

 

 

Damit endet das A Turnier der Marburger Schachtage mit einem verdienten Sieger. Hier ein Teil der Abschlusstabelle

…vor weiteren 116 Teilnehmern

Die genauen Ergebnisse finden sich auf der Webseite der Marburger Schachtage oder auf chessresults.com.

Die Ergebnisse der Marburger Schachspieler sowie des B Turniers folgen…