In der zweiten Maiwoche stand das 4te Bodenseeopen an. Nicht unbedingt die erste Adresse für ein Spitzenopen was die Qualität und Quantität der Teilnehmer angeht. Doch als Vollzeitbeschäftigter ist der Wunsch nach Schach UND Urlaub bei mir einfach gross. Die Eckdaten: 9 Runden in 9 Tage, Open und Seniorenturnier, tolle Stadt am Bodensee, Bergen sowie österreichische Gastfreundschaft. Die Teilnehmerliste war dann doch ganz ordentlich: http://chess-results.com/tnr323485.aspx?lan=0
Nach dem Mannschaftlichen Elo-Aderlass war ich an Startrang 23 von 133 Teilnhehmer gesetzt. Titelträger waren auch ordenlich am Start: 7 GM, 5 IM und 7 FM.
In den ersten drei Runden konnte ich 2,5 Punkte aus 3 Partien erreichen, wobei ich in der zweiten Runde mal wieder mit Weiß ewig ein besseres Endspiel spielte, dieses aber einfach nicht gewinnen konnten. Mit Schwarz holte ich aus zwei Skandinaviern die volle Punktzahl. In Runde vier bekam ich meinen ersten FM als Gegner. Nach dem er in der Englischen Eröffnung Sc6 spielte, ich diesen mit Springer und Läufer attakierte und er nur mit dem Bauern b7 das Feld c6 deckte, ging ich von einer Vorbereitung aus. Ich nahm den Bauern nicht, reagierte aber im Vorteilssinne nicht klug genug, baute mich solide auf, doch er kam zu Figurentausch und bot nach 16 Zügen die Punkteteilung an. Runde 5 brachte meinen ersten Höhepunkt. Ich wechselte die Eröffnung, spielte Spanisch, und konnte nach schnellem Abtausch vieler Figuren in einem Doppelturmendspiel meinen Gegner noch vor dem 40ten Zug auf e4 mattsetzen. Und dies mit dem Bauern auf f5!
Übringens, die meisten Partien von mir sind hier zu finden:
Somit hatte ich mich mit 4 aus 5 an die Spitzenbretter gearbeitet. Dort bekam ich in Runde 6 meine 4te Schwarzpartie, gegen den GM Thomas Ernst aus Schweden. Doch mit der dunklen Farbe habe ich auch bisher 100% geholt. Ich spielte im klassischen Spanier den ungewöhnlichen Zug a5 und kam ganz ordentlich aus der Eröffnung. Ich hattte bald optische Vorteile am Damenflügel und mein Gegner musste den Vorstoss g4 irgendwann sinnvoll anbringen. Vermutlich wartete er damit etwas zu lange und ich konnte einen Bauern am Damenflügel gewinnen. In Zeitnot opferte er einen weiteren Bauern und versuchte einen direkten Mattangriff, der aber nicht funktionierte. Ich konnte mich konsolidieren und dann meine Bauern Richtung weißer Grundreihe vorschieben. Im 46ten Zug gab mein Gegner entnervt auf! Mein erster Grossmeisterskalp seit gefühlt 10 Jahren!
Die Tabelle sah nach Runde 6 super für mich aus:
In Runde sieben spielte ich an Brett zwei gegen den nächsten Grossmeister, Vladimir Sergeev. Ich hatte Weiß und er versuchte mit Schwarz alles um ein schnelles verflachen des Spiels zu vermeiden. Doch er ging dabei sehr viel Risiken ein. Diese hätte ich schon nach 16 Zügen bestrafen können und seinen auf b4 gestrandeten Springen gewinnen können. Ich wartete damit aber zwei Züge zu lang, und trotz weiter optisch guter Stellung, hatte ich das Gefühl, dass hier eine Wende stattfindet, und nahm das Remisangebot meines Gegners nach gut 20 Zügen an. 5,5 aus 7!
In Runde 8 bekam ich den starken GM Leonid Milov aus Nürnberg. Ich hatte bisher 4 aus 4 mit Schwarz, doch nach einer kleinen Unachtsamkeit in der Eröffnung, bekam er die leichter zu spielende Stellung. Zumindest bekam ich eine volle Partie, musste aber nun erstmal die Segel im Turnier streichen.
Die Luft war raus, in Runde 9 bekam ich einen 12jährigen mit 2234 Elo, spielte solide, so dass wir nach 20 Zügen Remis vereinbarten.
6 aus 9, 1,5 aus 3 gegen die GM’s und sonst sehr zufrieden mit den Partien, lässt meine Entscheidung an dem Turnier teilzunhemen positiv ausfallen!
Fazit:
9 herrlich Tage in der Vorarlberger Metropole gingen mit einem guten 18ten Platz zu Ende. Ein dickes DWZ und ELO Plus standen zu Buche und viele herrliche Eindrücke beim Wandern, beim Schifffahren und in der Stadt waren das I-Tüpfelchen dieses tollen Turniers.
Hier ein paar Fotos:
Zum Abschluss noch das Turnierbulletin:
Vielleicht findet sich ja kommendes noch der ein oder andere Spieler an diesem tollen Turnier teilzunehmen!